"La vie en rose" oder weshalb wir uns gerne selbst etwas vormachen

Wozu dient uns Menschen eigentlich die Fähigkeit, Tatsachen je nach Situation schön zu reden?
Und wie gelangen wir stattdessen zu Optimismus und positiver Handlungsfähigkeit?

Ein Team der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und der Universität Antwerpen hat analysiert, welche Rolle Selbsttäuschung im Alltag spielt und welche Strategien wir Menschen nutzen, um uns selber etwas vorzumachen.

Laut dem Forschungsteam gibt es vier Hauptverhaltensweisen, die dazu dienen ein positives Selbstbild zu stabilisieren und zu schützen. Mehr dazu hier. Vor allem aber hilft es uns, in schwierigen Lagen die Motivation aufrecht zu erhalten. Eine Fähigkeit, die wir nach zwei Jahren Pandemie eigentlich auch benötigen würden. Die Studienautoren erläutern, dass in Normalzeiten mit der Selbsttäuschung auch bewährte Denkweisen und die bekannte Handlungsmotivation verfestigt werden. In Krisenzeiten jedoch ist dieses Verhalten wenig hilfreich. Denn es verunmöglicht uns, neue Handlungsweisen auszuprobieren sowie ein rasches Umdenken und Flexibilität an den Tag zu legen. Längerfristig tun wir also gut daran, den Tatsachen ins Auge zu sehen.

Manchmal geraten wir in eine Sackgasse oder das Leben verlangt uns mit einer sehr belastenden Situation vieles ab. Unsere eigenen Verhaltensweisen oder festgefahrenen Glaubensmuster halten uns oft in diesen Denkmustern gefangen. Der Stress fördert unseren Tunnelblick und versperrt uns die Sicht auf einen gangbaren Lösungsweg.

Einer Studie der Penn State Universität zufolge werden unsere persönlichen Glaubensmuster oder die Moral, die wir an den Tag legen, nicht ausschliesslich von Erziehung und Umfeld bestimmt. Offenbar sind auch genetische Faktoren im Spiel.

Doch hier kommt die gute Nachricht: Die Epigenetik und neuere Untersuchungen untermauern, dass es in jedem Alter möglich ist, neue Strategien zur Bewältigung schwieriger Situationen zu erlernen. Unser freier Wille erlaubt uns, Situationen zu analysieren, Fakten abzuwägen, Erfahrungswerte hinzuzuziehen. Mit zusätzlicher Hilfe unserer Emotionen und dem Bauchgefühl erfahren wir zudem, welche Bedürfnisse uns antreiben. Durch die dann erlangte Einsicht entscheiden wir uns bewusst und mit gesundem Optimismus, die nächsten, bestmöglichen Schritte zu machen und neue Handlungsweisen auszuprobieren.

Machmal hilft es, dazu eine Sparringspartnerin hinzuzuziehen, eine Coachin oder eine Therapeutin ist dafür ausgebildet. Auch selbst kann man mit einem Stück Papier ausgerüstet, genügend Zeit und etwas Reflexionsfähigkeit etwas tun.

Die nachstehende Technik aus einem Resilienz-Training kann eine erste Hilfestellung bieten.

Notieren Sie sich folgende Punkte:

  1. Akzeptieren, was ist

  2. Persönliche “Be-Deutung” der Situation

  3. Wertschätzung

  4. Handeln aufgrund neuer Bewertung

Als Beispiel: 1. Eine wichtige Bezugsperson ist verstorben. Nach einer gesunden und wichtigen Trauerphase beginne ich zu akzeptieren, dass sie nicht wiederkommt. 2. Ich glaube, dass es mir in Zukunft schwer fallen wird, mich wieder an eine neue Person zu binden oder dass ich nie wieder mit einem anderen Menschen so viel Schönes erleben kann. ich fürchte, dass ich die Leere in mir nicht mehr werde füllen können. 3. Ich bin dankbar für die gemeinsame Zeit und weiss, dass es noch andere bedeutsame Menschen in meinem Leben gibt und dass ich irgendwann wieder fröhlich und hoffnungsvoll das Leben geniessen werde. 4. Ich erkenne, dass immer noch einiges gut läuft in meinem Leben und denke statt “nie wieder”, “vielleicht irgendwann”. Durch diese Neubewertung erlaube ich mir optimistische Gedanken über die Zukunft und lasse neue Möglichkeiten zu. Ich beginne, mich wieder mit Menschen zu treffen, fange vielleicht ein neues Projekt an, wechsle den Job, pflege ein neues Hobby, tue Dinge, die mir Freude bereiten und mir Glücksmomente bescheren.

Wie bei Neujahrsvorsätzen gilt es, Pläne, Vorhaben, Treffen etc. in die Tat umzusetzen. Schritt für Schritt erleben wir dann kleine Erfolge, die uns motivieren, weiter vorwärts zu gehen. Und ja, auch Rückschritte sind Schritte.

Wir wünschen Ihnen viel Umsetzungskraft und zahlreiche kreative Ideen zur Stärkung Ihrer Handlungsfähigkeit im neuen Jahr!